In einer hypnotischen Clubatmosphäre, in der sich Tänze und Erinnerungen mischen, erkundet Marco da Silva Ferreira alles, was Gemeinschaften, kollektive Identitäten und Widerstände um- und antreibt. Der portugiesische Künstler, der mit dem Teatro Municipal do Porto und dem Centre Chorégraphique in Caen assoziiert war und augenblicklich mit der Maison de la danse in Lyon zusammenarbeitet, gehört zu den einfallsreichsten Choreografen seiner Generation. Ein Stück, das mit heiter eleganter Kraft die Rolle in Frage stellt, die jeder Einzelne beim Aufbau einer Gemeinschaft spielt. Lassen Sie es sich auf keinen Fall entgehen!
Vom Sport zum Tanz
Der Tanz von Marco da Silva Ferreira hat etwas Sportliches an sich. In seinen Aufführungen mit weiten, körperbetonten Bewegungen werden athletisch aussehende Darsteller, die Turnschuhe an den Füßen tragen, mit Jogginganzügen und Oberteilen aus Spandex bekleidet. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass der 39-jährige Choreograf eigentlich Berufsschwimmer werden wollte.
„Ich habe mit 16 Jahren alles aufgegeben. Als ich meinen Club in Porto und mein Umfeld verließ, war ich am absoluten Tiefpunkt angelangt. Ich habe dann naiv mit dem Tanzen angefangen, um Spaß zu haben, mich selbst zu finden und meine Identität aufzubauen. Später habe ich verstanden, dass mir das Schwimmen beim Tanzen geholfen hat: Ich hatte ein sehr genaues Gespür für Körperbewegungen und das Design von Bewegungen.“
In CARCAÇA bilden eine vielfältige Besetzung von zehn Tänzern, darunter Marco da Silva Ferreira, und zwei Musikern ein unkonventionelles und fröhliches Corps de ballet. Die Tänzer führen komplexe Beinarbeit aus, die standardisierte Volkstänze mit zeitgenössischen urbanen Tanzstilen verschmelzen, die zumeist in Gruppen entstanden sind, die als Minderheiten galten oder gelten (z. B. LGBTQIA+ Gemeinschaften oder Gemeinschaften aus den ehemaligen Kolonien).
„Als ich mit Street Dance anfing, dachte ich, ich würde den Geschlechterstereotypen im Sport entkommen, aber ich bewegte mich unbemerkt in Richtung von Stilen, die Wettbewerb und Männlichkeit propagierten. Der zeitgenössische Tanz hat es mir ermöglicht, meine Identität jenseits des Geschlechts aufzubauen. Jetzt versuche ich darüber nachzudenken, wie ich nicht-binäre Choreografien entwickeln kann.“
Vergangenheit / Gegenwart
Die Aufführung regt zum Nachdenken an: Wie entscheiden wir, was wir vergessen und was wir in Erinnerungen verwandeln? Welche Rolle spielen individuelle Identitäten beim Aufbau einer Gemeinschaft? Was ist die treibende Kraft hinter einer Identität? Welche Welt durchläuft den individuellen und kollektiven Körper? Oder besser gesagt, welche Körper durchqueren die Welt? In dieser Choreografie nutzt Marco da Silva Ferreira den Tanz als Instrument zur Erforschung von Gemeinschaften, der Konstruktion kollektiver Identität, des Gedächtnisses und der kulturellen Kristallisation. Anders ausgedrückt: Was wäre, wenn sich Volkstänze nicht kristallisiert hätten, sich immer wieder neu definieren und die Gegenwart in jedem Moment einbeziehen würden?